Längst keine Männerdomäne mehr

08.03.2020 - Seit knapp 100 Jahren wird der 8. März als Weltfrauentag gefeiert. In Anbetracht dieser Tatsache wirkt es gar nicht so lange her, dass 1987 erstmals Frauen der Feuerwehr Kösching beitraten. Dennoch zählten die Brandschützer aus der Marktgemeinde zu den ersten Wehren, die mit weiblicher Unterstützung ausrückten. Heute sind es 25 Damen, die im Ernstfall alles stehen und liegen lassen. …



"Ihr habt aber viele Frauen dabei." - diesen Ausspruch bekommen Köschings Feuerwehrleute bei Einsätzen, Übungen und vielen anderen Anlässen sehr häufig zu hören. Was bei der Bevölkerung noch oft für Verwunderung sorgt, ist für die Wehrmänner längst eine Selbstverständlichkeit. Dies war jedoch nicht immer der Fall. So war die Tätigkeit von Frauen bei den Feuerwehren gegen Ende des 19. Jahrhunderts unvorstellbar und dürfte nirgends zur Diskussion gestanden haben - bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges 1914: Bedingt durch den Einzug der Männer zum Wehrdienst entstand ein großer Personalnotstand, der häufig durch Frauen gelindert wurde. Während dies in anderen Orten so praktiziert wurde, finden sich in der Chronik der Köschinger Wehr jedoch keine Hinweise über den Einsatz des weiblichen Geschlechts während dieses, vier Jahre andauernden Krieges.

Zeitungsartikel aus dem Jahre 1987: Erstmals informierten sich junge Frauen über den Dienst in der Feuerwehr Kösching.

Zum ersten Mal in der Geschichte der Feuerwehr Kösching hatten sich am 22. April 1989 fünf Frauen einer Leistungsprüfung unterzogen: Elke Fichtner, Gerda Huber, Ilse Kasper, Rosemarie Steinmeier und Elvira Stocker absolvierten das Leistungsabzeichen in der Stufe 1 (Bronze). Dabei wurde keine reine Frauengruppe gebildet - die Damen meisterten die gestellten Aufgaben Schulter an Schulter mit ihren männlichen Kameraden.

Übung im Rahmen der Brandschutzwoche 1990: Frauen gehören inzwischen zum gewohnten Bild bei der Feuerwehr Kösching.

Frauen in der Überzahl: Während einer Einsatzübung im Februar 2019 war der Großteil einer Löschfahrzeugbesatzung weiblichen Geschlechts.

Anders verhielt es sich während des Zweiten Weltkrieges: Um die Mannschaftssollstärke zu erreichen, wurde unter anderem auf die altgedienten, teilweise über 60 Jahre alten Kameraden zurückgegriffen. Auf Anweisung des Landesverbandes wurden zudem eine Hitlerjungengruppe und drei Frauengruppen für den Dienst aufgestellt. Eine erste Ausbildung der „weiblichen Jugend“ fand am 19. November 1944 statt. Hierüber existiert noch heute eine Liste mit 31 Namen von Köschinger Frauen der Jahrgänge 1919 bis 1926. Trotz ihrem aufopferungsvollen Dienst in dieser dunklen und schweren Zeit, verschwanden die Frauen nach Kriegsende wieder sehr schnell von der „Bildfläche".

In den folgenden Jahrzehnten behauptete sich die Köschinger Wehr als Männerdomäne. Für Aufsehen dürften die Floriansjünger deshalb während des Faschingszuges 1967 gesorgt haben: Sie hatten einen Wagen mit dem Motto „Die Zukunft der Wehr sind die Madeln“ gestaltet. Zur Aufnahme von Frauen kam es aber nicht – noch nicht.
Erst in den 1980er Jahren veränderte die Feuerwehr ihr Gesicht. So informierten sich erstmals 1987 Frauen über den ehrenamtlichen Dienst. Auf Initiative des damaligen Kommandanten Thomas Huber wurden noch im gleichen Jahr sieben Frauen aufgenommen: Elke Fichtner, Claudia Greis, Gerda Huber, Ilse Kasper, Christine Klotz, Rosemarie Steinmeier und Elvira Stocker. Unumstritten läuteten diese Damen eine neue Epoche ein. Durch ihre Pionierarbeit wurde vielen Frauen in den letzten 33 Jahren der Zugang zur Feuerwehr erleichtert.

Seit der Gründung einer Jugendfeuerwehr im Jahre 1993 lässt sich beobachten, dass der Frauenanteil steil nach oben geht.
Obwohl die Feuerwehrfrauen per Gesetzgebung in Bayern ab Mai 1996 den Männern gleichgestellt wurden, sorgte ein Ereignis für Aufsehen: Evi Obermeier und Karin Rehm (heutige Meier) absolvierten im Winter 1997 den Lehrgang zu Atemschutzgeräteträgerinnen. Damit waren sie nicht nur die ersten Frauen in Kösching mit dieser Ausbildung, sondern im Landkreis Eichstätt. Apropos „Atemschutz“: Hier stehen die Frauen ihren männlichen Kameraden in nichts nach. So fungieren derzeit zehn Damen als Atemschutzgeräte- trägerinnen – Tendenz steigend. So sind für 2020 wieder mehrere Damen für den entsprechenden Lehrgang angemeldet. Auch bei (fast) allen anderen Aufgaben haben die Feuerwehrfrauen bereits Stellung bezogen. So ließen sich in den letzten Jahren viele zu Maschinistinnen ausbilden. Erste Fahrerin für die Löschfahrzeuge ist Christine Weigl, die hierfür extra den Führerschein absolviert hatte.

Ein Novum in der knapp 150-jährigen Geschichte der Feuerwehr Kösching bildete im Februar 2017 die Wahl von Theresa Heckl zur Schriftführerin. Damit wurde sie nicht nur die erste Frau in dieser Position, sondern auch in der Vorstandschaft. Ihr Engagement beschränkt sich jedoch nicht nur auf ihre Heimatwehr, sondern wurde unlängst auf den Kreisfeuerwehrverband mit der Ernennung zur Kassenprüferin ausgeweitet. Ebenso engagiert ist Karin Meier, die sich mit Elke Schöner seit 2001 für die Brandschutzerziehung verantwortlich zeichnet. Noch länger ist Karin als Frauenbeauftragte im Einsatz – ein Amt, dass sie seit 2005 auch auf Landkreisebene in Stellvertreterinnen-Funktion für alle 145 Feuerwehren ausübt.

Gruppenfoto mit Bürgermeisterin Andrea Ernhofer. Seit dieser Aufnahme im April 2017 hat sich die Anzahl der Feuerwehrfrauen weiter erhöht: Derzeit versehen 25 Damen aktiven Dienst bei der Stützpunktwehr.

 

Mit 25 aktiven Frauen im Einsatzdienst sowie elf Mädchen in der Jugendgruppe gehört die Stützpunktfeuerwehr Kösching zu den frauenstärksten Wehren in ganz Deutschland: Bei einem Ranking des Fachjournals „Feuerwehrmagazin“ schaffte es die Köschinger Wehr auf Platz 9 und somit unter die „Top Ten“. Dieses beeindruckende Ergebnis erfuhr einer großen Beachtung in den Medien. So drehte unter anderem die Onlineredaktion des Donaukuriers eine knapp vierminütige Videoreportage über die Feuerwehrfrauen von Kösching.

 

In über drei Jahrzehnten haben sich die Frauen bei der Feuerwehr Kösching etabliert. Wenn es nach ihnen ginge, bedürfe es keiner Beachtung im Rahmen des Weltfrauentages und keiner gesonderten Berichterstattung, da es „schließlich das Normalste auf der Welt ist“.